Originalkommentar Anne Jud:
Nach 5 Minuten keine Füsse mehr … Nach 15 Minuten keine Beine mehr … Nach 45 Minuten keinen Rumpf mehr … Nach 50 Minuten keine Arme mehr … Die Hände bleiben bis zum Ende.
Der Kopf: das Gefühl der Säule; und da sitzt ein Kopf drauf, der lebt. Für diese eineinhalb Stunden bin ich Objekt total. Nach 60 Minuten beginnen die Visionen. Das Publikum, das mich anschaut – einige winken, versuchen mich zum Lachen zu bringen; erstarren, sobald sie merken, dass keine Reaktion kommt bzw. kommen kann – nehme ich nur noch weit weg wahr. lch sehe mein Spiegelbild im Fenster, die Blätter des Baumes auf der Strasse vermischen sich mit dem realen Efeu vor meinem Gesicht. Dann die Angst vor der Befreiung der Fesseln, die mich zusammenzuhalten scheinen. lch bin ganz steif und habe Angst, ins Fenster zu fallen. Nach 90 Minuten befreit. lch falle nicht ins Fenster. Ein Kind tippt mich an und ruft: ‚Papa! Du, die ist echt!’ Die Interpretation der „Säule“ überlasse ich dem Betrachter. Es gibt viele Möglichkeiten.
Die Performance (oder auch künstlerische Darstellung) fand zur Eröffnung der Ausstellung „Damenmöbel“ am 13. September 1986 in der Design-Galerie von Herbert Jakob Weinand, Berlin, statt. Als Standpunkt für die Aktion wählte Anne Jud das grosse Schaufenster der Galerie, wo sie für die Dauer für eineinhalb Stunden stand. Ihr Performancedress war weiss, das Seil golden und die Efeuranken grün – die Lieblingsfarben Annes.